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Apple Pay in der Schweiz – Chance oder Risiko

Vortrag am Swiss Payment Forum 2016 von Christian Vetsch, CMO Abrantix AG

Ist es, da wir bekanntlich nicht in die Zukunft blicken können, nicht an sich schon ein grosses Risiko über die Chancen zukünftiger Bezahlmethoden zu referieren? Persönlich halte ich mich heute deshalb gerne an die philosophische Weisheit von Aristoteles:

>>Was man lernen muss, um es zu tun, das lernt man, indem man es tut<<

Ob der Entscheid der Verantwortlichen der Corner Banca ihren Kunden als erster Schweizer Issuer Apple Pay zu ermöglichen, auch etwas mit Aristoteles zu tun hat, ist mir nicht bekannt. Was ich jedoch gelesen habe ist, dass die Corner Banca 1975 schon der erste Issuer für VISA Kreditkarten in der Schweiz war. Wer die Strukturen der Bank kennt, kommt zum selben Schluss wie ich, namentlich, dass Entscheidungen bei unternehmerisch geführten Firmen kurze Wege gehen müssen. Lassen wir es demnach für die nächsten 20 Minuten offen, ob der Entscheid der Corner Banca für Apple Pay als Chance oder als Risiko betrachtet werden darf.

Wo steht Apple Pay in der Schweiz?

Seit dem 7.7. im 7. Land steht es mir als Konsument nun auch in der Schweiz offen, eine Kreditkarte auf meinem iPhone zu installieren. Keine Angst, ich widerhole jetzt nicht alles, was in den vergangenen vier Monaten in den Medien berichtet wurde. Vieles davon war richtig und viel mehr davon nicht ganz so richtig.

Die Voraussetzung um eine Kredit-, Debit- oder Privatkarte im sogenannten Präsenzgeschäft einzusetzen, ist dass der Händler (Merchant) ein EFT/POS Terminal besitzt. Die in der Schweiz vorhandenen Terminals werden Ende 2017 zu beinahe 100 Prozent für das kontaktlose Bezahlen ausgestattet. Grund dafür ist weder Apple Pay noch die kontaktlosen Kreditkarten. Die Sicherheitsauflagen von VISA/MasterCard an Terminals verlangen diesen Wechsel. Schön für die Terminalanbieter. Nicht ganz so schön für zahlreiche Händler. Wir können gespannt sein, ob alle anderen Länder den Vorgaben von VISA/MasterCard ebenso brav folgen wie die Schweiz.

Nun sind ebendiese Terminals für das kontaktlose Bezahlen (NFC) ausgerüstet und Bezahlen mit Apple Pay wäre überall, jederzeit greifbar. Welche grosse Chance für die Issuer in der Schweiz! Doch zu meinem grossen Erstaunen wird gerade jetzt viel Zeit in die Begründung investiert, wieso die Issuer ihren Kunden die Möglichkeit NICHT bieten wollen, ihre Karte auf das Smartphone zu laden. Wo also liegen die Risiken von Apple Pay? Sind die Kosten zu hoch? Gibt es Abgaben an Apple? Bleiben die Daten nicht in der Schweiz? Zugegeben, Apple hat noch nie etwas kostenlos getan, sonst wäre sie nicht die wertvollste Marke der Welt. Doch gerade wir Schweizer beziehen prozentual gesehen am Meisten dieser, nicht ganz so günstigen Produkt, auf der ganzen Welt.

Rückmeldungen zu Apple Pay

Ich möchte an dieser Stelle Issuer, welche bei Apple Pay nicht mitmachen auslassen und wiederhole was ich von BonusCard und Cornercard erfahren habe.

  1. Die Installation von Apple Pay ist für unsere Kunden genial einfach.
  2. Unsere Kundenberater erhalten Anrufe von Kunden, die ihre Zufriedenheit über das Produkt mitteilen wollen: „So etwas haben wir bis heute noch nie gehabt“.
  3. Unsere Kunden sind sehr erfreut, über die Reaktionen am Verkaufspunkt, denn das Kassenpersonal hat keine Problemstellung, sondern nur ein Aha-Effekt.
  4. Die männlichen Kartenbesitzer entscheiden sich schneller und in grösserer Anzahl für Apple Pay. (War es nicht Eva, welche den Apfel vom Baum holte und ihn an Adam weiterreichte, so die schöne Anmerkung von Stefan Bolt, CEO von BonusCard.)

Ja, Apple Pay steht in der Schweiz noch ganz am Anfang. Doch die Kundenreaktionen und die Nutzung ergeben bis jetzt ein sehr erfreuliches Resultat. Ich bin mir ganz sicher, dass dieses Feedback nicht nur bei der Swisscard ein Handeln bewirkt, sondern auch bei den übrigen Issuern. Ich persönlich habe meinen Kartenwohnsitz jedenfalls bereits von Zürich ins Tessin verlagert. Nur schade, dass es Apple Pay, obwohl bereits angekündigt, noch nicht für Businesskarten gibt.

Apple Pay im Vergleich

Im Vergleich mit WAS? Sogar der schweizerische Konsumentenschutz bemüht sich um das Thema Apple Pay und hat die WEKO schriftlich aufgefordert zu prüfen, ob sich Apple wettbewerbshinderlich verhält, indem sie die NFC Funktion für Apple Pay nur für vertraglich gebundene Issuer zulässt. Zu meinem grossen Erstaunen hat bis heute noch kein einziger Issuer die offene Android NFC Funktion genutzt, um Apple Pay entgegenzutreten. Ja, alle sprechen von Android, Ali oder Samsung Pay, doch gegenwärtig ist kein grosser Issuer am Verbreiten. Für einen zeitaktuellen Vergleich mit Apple Pay bleibt mir folglich nur noch TWINT übrig.

Es fällt mir schwer, eine junge nationale Bezahllösung mit einer technisch logischen Integration der bekannten VISA/MasterCard bzw. Amexco auf ein Smartphone zu vergleichen. Denn selbst bei einer grossen Verbreitung von TWINT ist die Lösung bei gut 100‘000 Akzeptanzverträgen ausgeschöpft. Dabei spielt es eine nebensächliche Rolle, ob ich TWINT über die NFC Funktion, via Bluetooth oder QR-Code nutze. Es handelt sich nicht um meine bestehende Karte, die ich einfach auf dem Smartphone digital hinterlegen kann. Es handelt sich um ein nationales Bezahlverfahren, welches im Grundsatz die Debitkarten von Post und Bank ablösen könnte. Aus diesem Grund verstehe ich erst recht nicht, was für eine überdurchschnittliche Medienpräsenz Apple Pay gegen TWINT erlangt. Denn eines ist klar, Apple Pay gibt es für alle wie mich, die es cool finde, mit der Uhr oder dem iPhone zu bezahlen. Lösungen für die restlichen NFC Smartphones werden folgen.

100 Tage mit Apple Pay

Seit der Einführung erster Bezahlterminals im Schweizer Markt, habe ich noch nie eine so unaufgeregte, funktionierende und elegante Bezahlmethode wie Apple Pay erlebt. Glauben Sie mir, es funktioniert einfach und zwar von der Aufschaltung meiner VISA Cornercard, über die Anwendung bis hin zur Verrechnung. Dies sehr zu meinem Nachteil, denn mein Konsumverhalten war in den vergangenen 3 Monaten mehr als wirtschaftsförderlich. Ja, Apple Pay sei Dank! Bereits am ersten Abend nach der Installation, war ich ohne Leder und Plastik unterwegs. Zusammen mit 3 Freunden wollte ich gleich nach dem ersten Bier bezahlen, machte die Rechnung aber ohne den Wirth. „Bei mir können Sie erst ab CHF 20 mit Karte bezahlen. Ich bezahle aber mit dem iPhone! Was das geht? Ja!“ Und schon war seine selbst gesetzte Kartenlimite vergessen. Keine 10 Minuten vergingen, da hatte einer meiner Freunde, stolzer Besitzer einer BonusCard, Apple Pay auch auf seinem iPhone. Zwei Tage später rief er mich aufgeregt an. Er weile in Italien beim Golfen. Der ganze Golfclub stehe um ihn herum und er müsse vorführen, wie Apple Pay funktioniere. Danach ging es für mich 14 Tage in die Berge und mein Auftrag lautete, keine Münzen, keine Noten und kein Plastik. Meine Erfahrung: Suchen Sie neue Bekanntschaften? Ist Ihnen langweilig? Dann bezahlen Sie mit Apple Pay! Sofort sind Sie in ein freundliches, angeregtes Gespräch verwickelt. Wie ein kleines Kind auf dem Spielplatz freute ich mich jeweils auf das Bezahlen, natürlich nur bis zum Bezahltag.

Das richtige Highlight erlebte ich dann mit der Apple Watch. Waren Sie in letzter Zeit auf einer Autobahn in Deutschland unterwegs? Ich schon. Mit Boxenstopp. Jetzt noch schnell auf die Toilette. Oh nein, 0.70 Euro und keine Münzen. Ah, da ist ja ein NFC Leser mit dem VISA/MasterCard Kleber. Uhr hin und durch. So schön kann Bezahlen sein! Gut, nebst all dem Positiven gibt es natürlich noch immer einige Verkaufsstellen, welche kein NFC Terminal haben. Und es gibt Modelle, die einen NFC Leser für Karten, nicht aber für die Uhr oder das iPhone haben. Insbesondere an Automaten werden Sie negative Erfahrungen sammeln. Doch dafür gibt es ja die SBB-App! Da kann ich meine Kreditkarte hinterlegen und brauche auch kein Plastik mehr.

An dieser Stelle möchte ich noch kurz meine Meinung zu den weniger wichtigen Apple Pay Anwendungen im Distanzgeschäft loswerden. Ich bin der Ansicht, dass mir Apple Pay, sobald ich die Apple Welt verlasse, kaum einen Mehr-Komfort bietet. Da es für mich keine grosse Rolle spielt, ob ich mich schon bei Amazon registriert, meine Kartendaten im SBB Onlineportal oder bei Booking.com hinterlegt habe, bin ich gespannt, wie weit die Anwender Apple Pay auch im Distanzgeschäft einsetzen werden.

Zum Schluss noch ein Apple Erlebnis aus dem Apple Shop an der Bahnhofstrasse in Zürich. Beim Warten auf einen Techniker stellte ich fest, dass Sie amerikanische Zahlterminals einsetzen. Die sind natürlich nicht mit dem Schweizer ep2 Protokoll ausgestattet. Aus diesem Grund (und nicht wie in der NZZ angedeutet aus anderen Gründen) funktioniert die Postcard nicht. Zudem bemerkte ich, dass Kreditkarten per Magnetkartenleser und Unterschrift abgewickelt werden. Am Ende war ich richtig erleichtert, dass im Apple Store wenigstens Apple Pay einwandfrei funktioniert hat.

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